… wie Sie mit vollem Namen heissen. Es muss jetzt mal raus. Sie sind mit Abstand der widerlichste Mensch, den ich je getroffen habe, ohne ihn zu treffen. Und hier erkläre ich Ihnen warum.
Hin und wieder zappe ich in eine dieser unvermeidlichen Dokumentationen über den 2. Weltkrieg, die überall laufen. Und dann ertappe ich mich bei dem Gedanken: «Dieser Nikolaus Blome hätte sich da in dieser Riege auch ganz gut gemacht.»
Sie dürfen mich für diese Aussage nun gern grenzüberschreitend vor die Justiz zerren. Es kümmert mich wirklich nicht. Im Gegenteil, es würde mich inspirieren. Denn es musste einfach mal gesagt sein. Wenn es jemals jemanden gab, der auf dem Reissbrett einen Modell-Nazi ergibt, sind Sie es.
Sie haben während Corona das hier gesagt, um Ihre Forderung nach einer Impfpflicht zu illustrieren:
«Ich hingegen möchte an dieser Stelle ausdrücklich um gesellschaftliche Nachteile für all jene ersuchen, die freiwillig auf eine Impfung verzichten. Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen.»
Diese beiden Sätze kann man eigentlich gar nicht vergessen, weil sie die gesammelte Unmenschlichkeit der Geschichte der Menschheit in sich vereinen. Aber nun kommt der lustige Teil: Ich hatte das wirklich schon fast vergessen. Die hässliche Fratze, die sich während Corona quer durch die Gesellschaft zeigte, hatte so viele Facetten, dass einzelne darüber in der Tat aus dem Gedächtnis verschwinden konnten.
Heute aber bin ich auf X, vormals Twitter, auf eine Wortmeldung von Ihnen gestossen, in der Sie sich echauffierten über den angeblichen China-Spionage-Fall der AfD. Dort schreiben Sie folgendes:
«Der Fall #Krah wird zeigen, ob die #AfD ihre Welt und ihre Anhänger wirklich schon hermetisch von allen Regeln und Gesetzmäßigkeiten abgeschottet hat. Und einfach mit allem davonkommt.»
Das hat mich getriggert. Ich habe mich endlich wieder erinnert. Und ich habe mir gedacht: Moment mal, ein Mensch, der mit dem unmenschlichsten Zitat seit Jahrzehnten einfach «davonkommt» und weiter Journalismus betreiben darf, regt sich darüber auf, dass jemand anders mit bisher unbewiesenen Anschuldigungen «davonkommt»? Soll ich nun lachen oder weinen oder beides zugleich?
Sollte tatsächlich der Mitarbeiter eines EU-Parlamentariers für China geschnüffelt haben, ist das eine Fussnote in der Geschichte, weil er vermutlich sowieso nichts Relevantes erfahren hat. Sie hingegen sind mit dem obigen Zitat eine Titelstory in der besagten Geschichte.
Sie haben die gesamte Gesellschaft aufgefordert, auf andere mit dem Finger zu zeigen. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, Ihnen aufzuzeigen, wie falsch Sie inhaltlich mit Ihren Lobpreisungen der Impfung lagen. Das ist inzwischen dermassen offensichtlich, dass man genau so gut die Schwerkraft erklären könnte. Es geht gar nicht um richtig und falsch. Es geht darum, welchen Umgang Sie gegenüber Andersdenkenden gefordert haben.
Ich bin sehr optimistisch, dass ich gute Karten habe, wenn ich dereinst vor einem Gericht erklären muss, warum ich hier Nazi-Vergleiche bemüht habe. Denn sehen Sie: Leute wie ich, die einfach die Grundrechte und die Verfassung schützen wollen, leben seit langem damit, als Nazis bezeichnet zu werden. Auch wenn ich mit diesem Gedankengut nun wirklich rein gar nichts zu tun habe. Wenn dann jemand wie Sie daherkommt und offensiv die öffentliche Ausgrenzung anderer Menschen fordert, scheint es mir nicht so abwegig, Ihnen das gleiche Schicksal zuteil werden zu lassen. Auf einen «Wer ist der Nazi?»-Vergleich mit Ihnen würde ich mich jedenfalls umgehend einlassen.
Im Rahmen einer Talkshow im deutschen Fernsehen haben Sie in so hilfloser wie peinlicher Art versucht, Ihre Sätze zu erklären. Sinngemäss meinten Sie: Naja, dieser Ausbruch entstand in einer Extremsituation. Glauben Sie mir, Leute wie Sie, die bombenfest hinter der Regierung standen und gern mehr von allen Massnahmen gehabt hätten, haben nie eine Extremsituation erlebt. Diese war uns anderen vorbehalten. Denen, die Sie gern auf einem Feldbett festgezurrt und zwangsgeimpft hätten. Den Leuten, denen Sie alle möglichen Nachteile an den Hals gewünscht haben.
Laut Wikipedia haben Sie Kinder. Würden Ihnen diese, ausgestattet mit dem gesunden Menschenverstand Heranwachsender, diese Ausflucht vor der Kamera abkaufen? Fakt ist, und das verstehen auch oder vor allem Kinder: Sie wollten, dass alle, die auf Ihrer Seite stehen, auf andere mit dem Finger zeigen und man mit ihnen tun kann, was man will. Das erlaubt keine Interpretation. Es ist eine glasklare Aussage. Sie waren bereit, andere Menschen auszugrenzen, ihnen ein möglichst schlechtes Leben zu bereiten, sie mit allen Mitteln zu einer (notabene unwirksamen und riskanten) «Impfung» zu treiben.
Vermutlich habe ich auch schon bierselig Dinge geschrieben, die ich am anderen Tag in einem neuen Licht sah. Manchmal, oft vielleicht, habe ich den Bogen überspannt. Ich habe mit meinen Worten andere verletzt, ich bin übers Ziel ausgeschossen, ich war unfair.
Aber nie, keine Sekunde lang, war ich in einer solchen Verfassung, dass mir Zeilen wie die von Ihnen entglitten wären.
Sie sind nach meinem Wissensstand nach wie vor Ressortleiter Politik und Gesellschaft in der Zentralredaktion der Mediengruppe RTL Deutschland und dürfen online beim Spiegel Kolumnen schreiben. Das sei Ihnen gegönnt. Ich bin kein Freund der Cancel Culture und finde nicht, dass Sie nun Bürgergeld beantragen sollten. Es ist schön, dass Sie dennoch weiterhin einen Job haben.
Was ich mich aber frage: Wie kann man nach solchen Sätzen weiterschreiben, als wäre nichts gewesen? Wie kann man versuchen, neue Gedanken zu formulieren, wenn man jemals so furchtbare Gedanken formuliert hat? Wie kann man tun, als wäre nichts gewesen, nachdem man das getan hat, was Sie getan haben?
Ich denke, wenn mir das jemals passieren sollte, was Sie sich geleistet haben, dann nehme ich ein halbes Jahr Auszeit auf den Färöern, tue dann Abbitte in Form eines offenen Briefs und hoffe auf eine zweite Chance. Und ich würde es sogar verstehen, wenn ich sie nicht erhalte.
Sie hingegen brauchen bei Ihrem Arbeitgeber offenbar keine zweite Chance. Man lässt Sie weitermachen, als wäre nichts gewesen. Und als wären wir, Verzeihung, irgendwo um 1933 stehen geblieben.
Ich hoffe, dass Sie wenigstens in diesen wenigen Momenten kurz vor dem Einschlafen merken, was Sie gesagt haben. Was Sie damit getan haben.
Wir machen alle Fehler. Tag für Tag für Tag. Die Frage ist nur, ob wir die Grösse haben, Sie einzugestehen.
Danke für Ihr freiwilliges Abo.
Bildnachweis: Superbass / CC-BY-SA-4.0