Späte Selbstkritik (für nichts)

Einige der Coronamassnahmen gingen zu weit? Und für diese Erkenntnis hat man drei Jahre gebraucht? Verzeihung, wenn ich beim neuesten Anflug der leichten Selbstkritik des einstigen «Mr Corona» nicht vor Ehrfurcht erstarre.

Ich weiss nicht, wie oft ich geschrieben habe, was für ein unglaublich abseitiger, unmenschlicher Irrsinn es war, alte Menschen in Pflegeheimen von ihren Liebsten abzuschirmen, so dass sie allein sterben mussten – angeblich, um sie zu beschützen. Und damit war ich natürlich nicht alleine. Nun, im November 2023, findet auch Daniel Koch, in den Anfängen die Stimme des Bundes in Sachen Corona, «dass wir dort zu weit gegangen sind».

Ich will dem Mann zugutehalten, dass er immer mal wieder so etwas wie eine Einsicht aufbringt, die allen anderen Verantwortlichen bis heute völlig abgeht. Besser wird das Ganze dadurch aber nicht. Es geht ja nicht nur um die Massnahmen, sondern auch darum, was man mit den Kritikern an diesen gemacht hat. Angeblich war uns das Schicksal alter Menschen völlig egal, wir waren unsolidarisch und so weiter. Die Befürworter der Massnahmen liessen also Alte einsam sterben und erklärten sich gleichzeitig zur guten und edlen Seite.

Vielen Dank für Ihren Beitrag an meine Arbeit.

Koch gab im «Tages-Anzeiger» Auskunft, die Essenz daraus kann man hier nachlesen. Da fallen dann denkwürdige Aussagen wie diese hier:

«Auf der einen Seite hat der Staat die Aufgabe, die Gesundheit der Menschen zu schützen. Das ist im Extremfall nur mit Einschränkungen der Grundrechte möglich. Auf der anderen Seite dürfen die Grundrechte nur eingeschränkt werden, wenn es verhältnismässig ist, weil es kein anderes Mittel gibt.»

Ja, wenn im Rheintal ein Vulkan ausbricht, beschwere ich mich nicht über ein Ausgangsverbot, auch wenn dieses das eine oder andere Grundrecht einschränkt. Aber man hätte damals schon wissen können beziehungsweise müssen, dass a) die Gefahr nicht ansatzweise so gross war wie kolportiert und b) die beschlossenen Massnahmen dieser angeblichen Gefahr gar nicht zu Leibe rücken wie versprochen.

Unter dem Strich bleibt der einsame Tod alter Menschen (neben vielem anderen) unter dem Siegel des Gesundheitsschutzes damit ein handfester Skandal, weil es dafür schlicht keine evidenzbasierte Begründung gab.

Unnötig zu sagen, dass die Hysterikerfraktion der letzten Jahre diesen Anflug der Selbstkritik nicht einmal zur Kenntnis nehmen wird. Dort wird es Dinge heissen wie: «Wir wussten damals eben nicht alles» oder «Vielleicht hat es ja doch genützt» und ähnliches mehr. Und weiterhin werden Zeitungen straflos von «Schwurblern» schreiben dürfen, wenn die Rede von den Kritikern der ersten Stunde ist.

Und vor allem: Die letzten Stunden im Beisein von geliebten und liebenden Menschen gibt man damit auch niemandem zurück.

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