Marco Rima als «Maskottchen»

Der Zürcher «Tagesanzeiger» setzt seine Mission fort. Marco Rima ist eine Unperson. Was auch immer er sagt und tut: Es muss falsch, daneben und fürchterlich gefährlich sein. Das neueste Kapitel in einer Geschichte der Obsession.

Der Komiker Marco Rima wurde in den vergangenen drei Jahren vom Liebling der Medien zur Reizfigur. Die Mischung aus Erfolg, Bodenständigkeit und einem gewinnenden Wesen verschaffte ihm lange Dauerpräsenz in Zeitungen, Radio und TV. Dann beschloss er, seine Meinung zur Coronapolitik öffentlich zu sagen. Ab sofort war er für die meisten Journalisten frei zum medialen Abschuss.

Dass er nach der Aufhebung der Massnahmen eine neue Tour lancierte, die erfolgreich verlief, war den wenigsten eine Zeile wert. Zu schreiben gab er nur, wenn die Chance bestand, ihn in irgendeiner Weise ins schiefe Licht zu rücken. Rima tut nun das einzig Richtige: Er liefert die dazu nötigen Vorlagen gleich selbst. Denn wenn man ohnehin schon eine Unperson ist, kann man diesen Ruf auch bewirtschaften. Kommt dazu, dass er nur seinen Job macht. Oder soll er vielleicht nun Döner braten?

Mit seinem neuesten Song, den er auf Youtube veröffentlicht hat (siehe ganz unten), liefert er Empörung mit Garantieschein. Er singt über Klimakleber, als Vorlage diente das einst populäre Kinderlied «Zehn kleine Negerlein» (Verzeihung, aber das Lied heisst nun mal so), und Rima erscheint gleich vierfach: Im Original, kostümiert als Indianer, als Weisser mit Rastafrisur und mit schwarz gefärbtem Gesicht. Eben einfach alles, was man nicht mehr tun sollte, wenn es nach der Twitterblase geht. Es ist das volle Programm (und übrigens, als Warnung, auch ein echter Ohrwurm).

Selbstverständlich überschlugen sich die Medien danach umgehend mit Berichten der Marke «darf man das?», um die Antwort gleich selbst zu geben. Die Alternative wäre gewesen, den neuesten Wurf von Marco Rima einfach zu ignorieren, wenn er einem nicht gefällt. Was nicht stattfindet, kann auch niemanden aufregen. Aber das schaffen die Medien einfach nicht. Der Empörungsreflex ist zu stark.

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Die originellste Reaktion, nicht zwingend im positiven Sinn, findet sich aktuell im «Tagesanzeiger». Der Kommentar von Andreas Tobler (nur für Abonnenten) ist grösstenteils eine Art Küchentischpsychologie. Der Redaktor erklärt uns, was Rima eigentlich wollte, um danach zu sagen, was er stattdessen tut. Der Komiker wolle provozieren, aber das sei «Blödsinn», er bediene nur vorgefasste Meinungen.

Da schliesst jemand von sich selbst auf die andern. In Wahrheit hält Rima den Leuten einen Spiegel vor, die ihre Meinung allen anderen aufzwingen möchten. Und es ist der «Tagi», der hier eine vorgefasste Meinung mit der entsprechenden Kundschaft bedient – nämlich seine eigene.

Tobler schafft es nicht mal, den Originaltitel des verwendeten Kinderlieds niederzuschreiben. Obschon das ja ein reines Zitat wäre und er sich selbst nicht der Verwendung des Worts «Negerlein» schuldig machen würde. Er lässt das Wort einfach zugunsten von drei Pünktchen aus. Weil er sonst sicher umgehend in die Hölle käme.

Damit liefert der Kommentator gleich das beste Argument dafür, dass Rimas Aktion durchaus nötig war. Die Schere im Kopf ist allgegenwärtig, sie greift in die Sprache ein mit dem Fernziel, das Denken zu verändern. Rimas Video zeigt spielerisch den Irrsinn, der darin liegt, eine bessere Welt erschaffen zu wollen, indem wir Frisuren, Maskeraden und Wörter auf eine Tabuliste setzen.

Gemäss dem «Tagesanzeiger» ist es Unsinn, wenn Rima kritisiert, was man heute alles nicht mehr darf und eine Meinungszensur beklagt. Denn was er da performe, «wurde vor ihm bereits hundertfach gemeint und gesagt», es gebe einen stetigen Dialog über Themen wie Rastalocken, Blackfacing und andere.

Diesen Dialog mag es am Stammtisch geben, bestimmt aber nicht ernsthaft geführt in den grossen Medien. Diese stürzen sich auf angebliche Grenzüberschreitungen wie den verkleideten Jodler in Walzenhausen und überlassen es den Lesern in den Kommentarfeldern, sich dafür oder dagegen auszusprechen. Im «Tagesanzeiger» hat jedenfalls in den letzten Jahren des Woke-Wahnsinns nie einer eine Stange gebrochen für die freie Rede, für Gelassenheit, für Verhältnismässigkeit.

Kurz und gut: Der Kommentator tut das, was er dem Objekt zuschreibt. Er haut einen raus, um sich bei der eigenen Klientel anzubiedern. Auf Kosten eines Mannes, der sehr klar erkannt hat, dass wir unterwegs in eine falsche Richtung sind.

Zuschlechterletzt wird Marco Rima im bewussten Artikel als «das Maskottchen vorgefasster Meinungen» bezeichnet. Wenn es ein «Maskottchen vorgefasster Meinungen» gibt, dann sind das die grossen Medien in der Schweiz, inklusive dem «Tagi».

(Zur Transparenz: Ja, ich bin gut befreundet mit Marco Rima. Aber das wäre nicht mal nötig, um einen klaren Gedanken in dieser Sache zu fassen)

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