Nein, die Schweiz hat nicht «gepokert»

Ist jemand hier überrascht? Kaum. Dass drei Wochen nach dem Fallen der letzten Massnahmen nichts passiert ist, war absehbar. Nur nicht für einige Medien, welche die gute Nachricht vermutlich mit einem inneren Groll verkünden.

Geht es nach dem «Blick», hat die Schweiz mit den Öffnungsschritten vor wenigen Wochen «gepokert», siehe hier. Worin dieser Poker bestehen soll, ist unklar. Schon lange zuvor war klar gewesen, dass die Lage entspannt ist. Nimmt man dann noch in die Rechnung, dass sie früher nie ansatzweise so angespannt war, wie man uns das vermitteln wollte, darf man sagen: Es passiert gar nichts mehr. Nach wie vor werden Tests und Positivitätsrate und Patientenzahlen und Verstorbene addiert. Wenig erstaunlich sind viele der Getesteten nach wie vor «positiv». Warum sollte man sich auch ohne Symptome testen lassen? Und die Intensivstationen dümpeln auf dem unterirdischen Belegungswert von unter 70 Prozent herum.

Warum ich überhaupt noch über Schlagzeilen dieser Art schreibe? Gute Frage, ich weiss es selbst nicht. Offensichtlich triggert mich der Versuch der Medien, selbst die absolute Ruhe unterschwellig für eine Wiederbelebung der Thematik zu missbrauchen. Der «Blick» schreibt angesichts der tiefen Zahl von Tests von einer «Dunkelziffer» von Positiven, die unerkannt bleiben. Die Tatsache, dass Gesellschaft und Wirtschaft problemlos laufen, zeigt: Selbst wenn das stimmt, haben wir es mit einer Dunkelziffer ohne Auswirkungen zu tun. Schon früher haben die kolportierten Zahlen nie die behauptete Dimension von Problemen bedeutet, nun ist es sehr offensichtlich. Nehmen wir an, da draussen laufen einige hunderttausend Leute mit Omikronviren herum: So what, wenn sie keine Auswirkungen haben? Der Kaiser hat endgültig keine Kleider mehr an.

Nein, es war kein Poker, als der Bundesrat sich gnädigst dazu herabliess, die letzten Restanzen einer verunglückten «Schutzpolitik» zu beerdigen. Es war höchste Zeit dafür. Aber ich gehe schwer davon aus, dass die Medien weiterhin versuchen werden, die Botschaft von der nach wie vor drohenden Gefahr, die jederzeit ausbrechen kann, subtil zu verbreiten. Das ist Vorarbeit für den kommenden Herbst.