Neue Schulen braucht das Land

Aufruhr im St.Galler Kantonsrat. Einige Parlamentarier laufen Sturm, weil der Trend zu privaten Schulgründungen zunimmt. Und das durch Leute, die den Politikern irgendwie nicht passen. Kritischen Leuten. – Wie wäre es, wenn man sich als Kantonsrat stattdessen fragt, was mit unserem Bildungssystem generell falsch läuft?

Geben wir zuerst dem St.Galler Tagblatt das Wort:

Der St.Galler Bildungsrat hat eine Privatschule in Uznach bewilligt, die einen verschwörungstheoretischen und nationalistischen Hintergrund haben soll. Nun künden Kantonsräte eine Interpellation zum Thema an.

Den ganzen Artikel dazu findet man hier.

Ja, das klingt wirklich ganz furchtbar. Da werden offenbar mitten unter uns kleine Adolfs und Evas herangezüchtet. Oder mindestens böse, unwissenschaftliche Schwurbler. Dramatisch.

Ich will auf diese Kategorisierungen gar nicht weiter eingehen. Jeder vernünftige Mensch weiss inzwischen, dass angebliche Verschwörungstheoretiker nichts als Leute sind, die früher zu denken begonnen haben als andere. Und was Massnahmenkritik mit «nationalistisch» zu tun haben soll, entzieht sich meiner Kenntnis sowieso.

Aber nun zum eigentlichen Thema:

Warum befassen sich die «Bildungspolitiker» (die Bezeichnung ist nicht geschützt) im St.Galler Kantonsrat nicht mit der eigentlichen, der entscheidenden Frage? Die lautet nämlich:

Warum kommen überhaupt plötzlich Leute auf die Idee, private Schulen zu gründen? Warum reicht ihnen die öffentliche, kostenlose Volksschule nicht mehr? Was ist da passiert?

Das wäre doch ein Thema. Aber natürlich viel komplexer, als auf die Person zu spielen.

Auf die Fragen oben gibt es einige mögliche Antworten.

  • Vielleicht fanden es diese Leute nicht lustig, dass man monatelang Schulen dicht gemacht und auf «Home schooling» gesetzt hat ohne wirklichen Anlass und man dadurch einen offensichtlichen Bildungsrückstand in Kauf genommen hat.
  • Vielleicht fanden es diese Leute nicht lustig, dass man ihren Kindern Bakterienfänger im Gesicht aufgezwungen hat, deren einziger Effekt eine lang anhaltende Schwächung des eigenen Immunsystems war.
  • Vielleicht fanden es diese Leute nicht lustig, dass ihnen Schulleiter, Lehrkräfte und die Eltern anderer Kinder permanent einredeten, sie seien ohne Maske schuld daran, wenn ihre Grosseltern sterben.

Das ist das, was geschehen ist – und es könnte Eltern, denen etwas an ihren Kindern liegt, leicht verunsichert haben. Oder schwer genug, um darüber nachzudenken, dass das aktuelle Bildungssystem nicht taugt.

Das tut es übrigens ganz allgemein nicht. Man könnte ja noch einiges durchwinken, wenn unsere Kinder nach durchlaufenem Schulsystem global gefragte Asse wären. Aber heute muss man schon froh sein, wenn ein Sek-Abgänger einen Brief in halbwegs korrektem Deutsch verfassen kann. Die Pisa-Studie legt es offen: Wir sind bildungsmässig auf dem Weg zu einem Entwicklungsland. Unsere Kinder können sich schriftlich nicht mehr sauber artikulieren. Aber was soll’s: Hauptsache, es wird korrekt gegendert.

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Unser Problem, liebe St.Galler Kantonsräte, sind nicht die verantwortungsvollen Eltern, die mit der verantwortungslosen Politik der letzten zwei Jahre ihre Probleme haben und deshalb neue Wege suchen. Unser Problem sind die Eltern, die alles zugelassen, was mit ihren Kindern geschehen ist. Jeder, der mit Bildung zu tun hat, sollte sich glücklich schätzen, dass es noch mitdenkende Eltern gibt, die sich Fragen stellen. Und jeder, der seinem Kind einfach die Maske übergestreift hat, ohne nachzudenken, muss sich die Frage stellen, ob er oder sie zum Vater oder zur Mutter gemacht ist.

Reichsbürger? Die heimliche Übernahme der Macht durch die globale Achse des Bösen? Ach. Was für eine Totschlagkeule. Vielleicht sitzt tatsächlich irgendwo im Vorstand einer neuen Privatschule jemand, der abenteuerliche staatspolitische Vorstellungen hat. Und jetzt? Liebe Kantonsräte, schaut Euch doch zuerst mal die real existierende Wirklichkeit an:

In den Schulräten der öffentlichen Volksschule sitzen Leute, die keine Sekunde lang aufgemuckt haben, als unsere Kinder zu Spielbällen einer irre geleiteten Politik auf Kosten ihrer Schulbildung wurden. Ist das besser? Ist das erstrebenswert? Ist unser grösstes Problem wirklich, dass einige Leute aus einem System ausbrechen wollen, das spätestens in den letzten zwei Jahren, aber eigentlich schon viel früher, bewiesen hat, wie untauglich es ist? Die es zugelassen hat, was mit unseren Kindern geschehen ist?

Bei meinen eigenen Kindern werde ich nie fragen, ob irgendein Verantwortlicher der Schule, die für sie zur Debatte steht, eine Nähe zur Idee der Reichsbürger hat. Es ist mir herzlich egal. Ich rede mit meinen Kindern, ich kriege mit, was in der Schule passiert.

Ich will nur diese Dinge wissen von den Leitern einer künftigen Schule:

Nehmen Sie Kinder ernst? Wollen Sie die Kinder zu eigenverantwortlichen, kritischen Teilen der Gesellschaft machen? Sind Fragen erlaubt? Sind andere Standpunkte erlaubt? Gehen Sie davon aus, dass «Querdenker» keine Beleidigung, sondern das höchste Lob darstellt?

Und:

Glauben Sie wie ich, dass wir viel mehr Menschen brauchen, die aus der Reihe tanzen statt das fünfte Glied im ordentlich ausgerichteten Staatsballett zu sein? Und sind Sie bereit, die Kinder auf diesen Weg zu lassen?

Wenn die Antwort Ja lautet: Ich bin dabei.