Wir werden zugedröhnt mit irrelevanten Dingen. So sehr, dass uns der Sinn und die Lust für das Relevante abhanden kommen. Ja, ich weiss, das sind subjektive Einschätzungen. Aber es gibt auch objektive Kriterien. Willkommen in der Welt des Vernachlässigbaren.
Sarah Engels reagiert auf «Bodyshaming». Sarah wer? Die hat irgendwann mal bei «Deutschland sucht den Superstar» geträllert. Wenn man daraus Profit schlagen will, muss man nicht singen können. Sondern dem Boulevard Futter liefern. Zum Beispiel, indem man eine Beziehung mit dem Sieger der Staffel beginnt. Dann wird es für die Massenmedien interessant. «Kunst» kommt nicht von «können». Kunst kommt von: Strategie, unterstützt durch Marketing, bereitwillig absorbiert von Medien.
Die Wut von Frau Engels nimmt aktuell einigen Raum ein in den deutschsprachigen Medien. Dass irgendeine Dame, der ich nichts Böses wünsche, die nun aber wirklich beim besten Willen nichts zu sagen hat, was die Welt bewegt, so viel Platz erhält, ist unserer Klickgesellschaft zuzuschreiben. Diese ist Realität, und ich mag mich nicht schnödend über Realitäten auslassen. Was ist, das ist. Und was auch immer in der Ukraine passiert oder mit unseren demokratischen Rechten oder was auch immer: Wenn die gute Sarah irgendwas sagt, ist das mindestens gleichwertig. Offenbar.
Was ist wichtig, was nicht? Das ist natürlich eine Frage der Perspektive. Dennoch gibt es Ereignisse, die mehr Menschen direkt betreffen als andere. Die Befindlichkeit von Sarah Engels wirkt sich nicht auf unser Leben aus. Sie befriedigt höchstens eine seltsame Schaulust. Die Frau ist ein mediales Kunstprodukt, mehr nicht. Die soll es geben, aber wieso muss das dazu führen, dass ihr aktueller Wohlfühlpegel Platz in unseren Medien einnimmt? Offenbar interessiert das doch einige Leute, sonst wäre sie längst verschwunden. Sarah wird angeklickt, und damit kann sie weiter vom faktischen Nichtskönnen zehren. Diese Einschätzung hat nichts mit Missgunst zu tun, es geht nur um die Frage, ob wir noch Hirnzellen aufbringen für das, was unser Leben wirklich tangiert, wenn wir damit beschäftigt sind, uns mit einer Dame auseinanderzusetzen, die 2011 (!) in einer deutschen Castingshow aktiv war.
Aber das Schlimmste, ganz nebenbei, ist die Tatsache, dass blick.ch im Videoclip wirklich die Stirn hat, uns die Frau als «Musikerin» vorzustellen. Genau. Und ich bin Hochleistungsathlet.
Mit welchem stoischen Desinteresse wir eine Politik zulassen, die an unsere Grundrechte geht, uns aber gleichzeitig von solch seichtem Unsinn berieseln lassen: Darin liegt das echte Problem unserer Gesellschaft.