… und alle Pazifisten wollen mehr davon. Eine andere Sicht auf den Ukraine-Konflikt. Und die Frage, warum plötzlich ausgewiesene Friedenstauben gar nicht genug Panzer kriegen können.
Ich möchte mich gar nicht beklagen. Der Widersinn, den ich seit Jahren beklage und der von einer lauten Twitterblase in Abrede gestellt wird, zeigt sich derzeit überdeutlich. Das hat ja auch etwas Befriegendes.
Jedenfalls: Seit Russland die Ukraine überfallen hat, was man ja bei aller Ehre nicht anders bezeichnen kann, entpuppt sich die friedensliebende, ewig-pazifistische Blase auch in der Schweiz als wahrhaft kriegsverherrlichend. Würde ich das nur so schreiben, könnte es mir keiner glauben. Aber die machen das selbst und für alle sichtbar.
Nein, Panzer stiften keinen Frieden. Nein, Munitionslieferungen retten keine Menschenleben. Ich war einst, und ich habe keine Probleme damit, das zuzugeben, Teil der superlinken, superpazifistischen Bewegung in der Schweiz. Für uns war klar: Jede kriegerische Auseinandersetzung ist um jeden Preis zu verhindern. Das Gegenüber zu töten ist nie die richtige Antwort. Bewaffnete Auseinandersetzungen sind nie die Lösung.
Gut, ja, ich habe mich von diesen Positionen entfernt. Aber ich bin immer davon ausgegangen, dass die andere Seite immer noch dieselben Ideale vertritt. Und was sehen wir nun? Die grössten Kriegstreiber von heute sind die Pazifisten von gestern.
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Grüne, ob in der Schweiz oder in Deutschland, schreien nach mehr Waffen. Sie wünschen sich den totalen Krieg. Sie müssen bürgerliche Regierungen förmlich dazu zwingen, mehr zu schiessen, mehr zu töten.
Als ob man im falschen Film wäre. Kann man sich denn auf gar nichts mehr verlassen?
Als es um die Abschaffung der Armee ging im Jahr 1989, war ich 17 Jahre alt, und für mich war es keine Frage: Weg damit. Ich stand völlig ahnungslos auf Podien und habe diese Haltung vertreten. Keine Armeen – keine Kriege: Für mich war das keine Frage.
Danach habe ich neue Positionen entwickelt. Das gestehe ich auch anderen Leuten zu. Nur: Die Leute, an deren Seite ich damals stand, haben danach immer so getan, als wäre für sie alles immer noch wie früher. Und dieselben Leute wollen heute Waffenlieferungen an eine Kriegspartei? Und denken nicht mal über Verhandlungen nach? Weil sie auf «der richtigen Seite» stehen wollen? Ernsthaft?
Ich habe keine Lust, über die Hintergründe des Kriegs in der Ukraine zu sprechen. Es ist für mich keine Frage, dass es um weit mehr geht als um die angebliche Geschichte eines blindwütigen Aggressors, der einen anderen Staat angreift. Natürlich ist es mehr als das. Aber wer diese Debatte beginnt, hat schon verloren.
Für mich ist die relevante Frage: Warum finden die Friedenstauben von damals heute plötzlich, dass es gar nicht mehr Waffen geben kann? Dass sie jeder liefern soll? Dass man kämpfen soll bis zum letzten Tropfen Blut?
Ich verstehe das nicht, aber vielleicht liegt das auch an mir. Und die anderen haben recht. Das ist in Ordnung. Es ändert nichts daran, dass ich es nicht kapiere.
Jeder Schuss ist einer zu viel. Egal, aus welchem Lauf er kommt. Aber nun überschlagen sich die einstigen Pazifisten mit der Forderung, mehr Schüsse zu ermöglichen, den Krieg zu verlängern, den totalen Krieg auszurufen. Bis zum bitteren Ende.
Frieden habe ich mir immer anders vorgestellt. Und damals, aber ja, es ist lange her, dachten wir, dass miteinander sprechen eine Chance ist, diesen Frieden herzustellen.
Meine Genossen von damals finden inzwischen: Schiessen, schiessen, schiessen, bis nichts mehr aus dem Lauf kommt.
Damals, aber ja, es ist lange her, war es uns egal, wer schiesst und wer zurückschiesst. Wir wollten einfach, dass es aufhört. Weil Schüsse auf andere Menschen nie die Lösung sind. Das ist vorbei. Heute gibt es «die Guten» und «die Bösen», und den Guten darf man auch Panzer vors Haus stellen.
Man kann sich wohl auf nichts mehr verlassen.
Danke für Ihren Beitrag an einen Frieden, der diesen Namen verdient.