Post von der Staatsanwaltschaft

Verleumdung, üble Nachrede, Beschimpfung: Was habe ich denn nun wieder alles verbrochen? Nichts, sagt die Staatsanwaltschaft. Aber versuchen kann man es ja mal als angeblich Geschädigter, wenn man mir schaden und Steuergeld verbrennen will.

Ich mag eingeschriebene Briefe nicht besonders. In aller Regel enden sie damit, dass man Geld ausgeben muss. In diesem konkreten Fall ist der Staat allerdings der einzige, der auf Unkosten sitzen bleibt.

Mit Datum vom 13. April 2023 hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell Innerrhoden, wo ich bis Ende März 2023 gewohnt habe, eine «Nichtanhandnahmeverfügung» einer Strafsache gegen mich beschlossen. Sprich: Das eingeleitete Strafverfahren wird nicht weiter geführt. Die Kosten gehen zu Lasten des Staats.

Anlass für die Anzeige einer Privatperson gegen mich war ein Beitrag auf diesem Blog, und zwar dieser hier. Ich gebe gern zu, dass der Titel ziemlich dramatisch und auch sehr deutlich war. Ganz so, wie ich es eben oft und gern tue. Der danach folgende Text hat aber mehr als deutlich gemacht, was ich sagen wollte:

Wenn auf Wikipedia Menschen in einem schlechten Licht dargestellt werden, wenn dort eine subjektive Beurteilung eines unbekannten Autors als «Wahrheit» verkauft wird und der Beschriebene damit zur Unperson gemacht wird, kann das tragische Folgen haben.

Im konkreten Fall ging es um den Freitod von Clemens Arvay. Dieser wurde auf Wikipedia wenig subtil in die Nähe von Verrückten gerückt und als Verbreiter von Fehlinformationen gebrandmarkt. Und das nicht einfach aufgrund von Verweisen zu Beiträgen Dritter, sondern mit einem eigenen subjektiven Urteil, beispielsweise dem von «irreführenden Schlussfolgerungen», die Arvay von sich gegeben habe.

Mir war klar, dass es nicht ganz unheikel ist, Wikipedia in Zusammenhang mit einem Suizid zu stellen, entsprechend habe ich den Beitrag in weiser Voraussicht auch als «Kunstprojekt» angekündigt. Wie nun klar wird, wäre das nicht mal nötig gewesen. Die Anzeige war von Grund auf nicht haltbar.

Danke für Ihre Unterstützung.

Ein Herr, der fleissig für Wikipedia arbeitet und den ich auch aus dem einen oder anderen kurzen Austausch halbwegs persönlich kenne, hat am 1. März 2023 Anzeige «wegen Verleumdung, evtl. üble Nachrede, subevtl. Beschimpfung» gegen mich eingereicht. Ich hätte «Fakten wissentlich und willentlich komplett falsch dargestellt». (Also das, was ich umgekehrt Wikipedia hin und wieder vorwerfe.) Und das hätte ich getan mit der Absicht, «den Ruf von Wikipedia und deren Autoren, zu welchen sich XY zählt, zu schädigen».

Die Anzeige war vom ersten Moment an ein Rohrkrepierer. Sie muss, um überhaupt eine Chance zu haben, von einer geschädigten Person kommen, nicht von dritter Seite. Wirklich auf den Schlips getreten fühlen kann sich also nur die Wikimedia Foundation Inc. im US-Bundesstaat Florida und nicht der bewusste XY. Dieser sei aber, so die Staatsanwaltschaft, kein Handlungsbevollmächtigter der Wikimedia Foundation.

Zudem ist Wikipedia ein Kollektiv, keine Einzelperson. In einer Gruppe von unbemessbarer Grösse kann ein Einzelner nicht in der Ehre verletzt werden, wenn man das Gesamtkonstrukt kritisiert. Ich habe in meinem Beitrag niemanden namentlich erwähnt, schon gar nicht XY, bei dem ich nicht einmal auf die Idee gekommen bin, er könnte mit dem Text über Clemens Arvay etwas zu tun gehabt haben. Offen gesagt hatte ich den Herrn schon lange vergessen. Jedenfalls sagt die Staatsanwaltschaft deutlich, dass das, was ich getan habe, damit nicht zum Nachteil von XY erfolgte und es damit keine «Prozessvoraussetzungen» gebe.

Nachdem XY meines Wissens recht erprobt darin ist, Anzeige zu erstatten, erstaunt es mich leicht, dass er sich auf so eine aussichtslose Aktion eingelassen hat. Vielleicht ging es einfach darum, mich zur Post zu zwingen und mir einen ersten Schreckensmoment aufgrund des Absenders des Briefs zu bescheren. Allerdings bin ich nicht sonderlich furchtsam.

Ich stehe zu meinem Blogbeitrag und zu meiner Beurteilung von Wikipedia. Eine Online-Enzyklopädie mit dieser Verbreitung muss sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Nichts gegen eine kritische Auseinandersetzung mit Personen, aber für mich ist es schon lange unübersehbar, dass es in vielen Fällen nicht um eine korrekte Darstellung geht, sondern um eine politische Agenda. Wer die Pläne einer Regierung kritisiert, darf bei Wikipedia nicht auf Gnade hoffen, er wird im Zweifelsfall verbal abgeschossen durch eine völlig einseitige Darstellung.

Und wenn diese Schlussbemerkung nun dazu führt, dass ich einen weiteren eingeschriebenen Brief abholen muss: Der kleine Laden, der bei uns im Dorf als Poststelle fungiert, ist wenige hundert Meter entfernt, und die Betreiberin ist eine sehr nette Frau, die sich gefreut hat, mich kennenzulernen, weil sie offenbar meine Texte liest. Es kann mir also weit Schlimmeres passieren.

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