Was ist wichtig, wenn eine Stadt bombardiert wird und Familien verzweifelt versuchen, aus dem Land zu flüchten? Wenn wir eine Feministin fragen, ist der Fall klar: Wir sollten dringend über falsche Begriffe wie «Brudervolk» sprechen. Viel schlimmer als die Todesangst von Kindern.
Es wird seit Jahren immer schwieriger, echte Accounts bei sozialen Medien von Satire-Accounts zu unterscheiden. Bei diesem Fall hier habe ich lange gezweifelt, aber offensichtlich gibt es die Frau, und ihr Profil wurde nicht von Jan Böhmermann oder wem auch immer gekapert:

Ich möchte bitte mein Leben mit dieser Frau tauschen, die offensichtlich kein einziges echtes Problem hat. Sie regt sich ernsthaft darüber auf, dass in einem Beitrag von Radio SRF das Wort «Brudervolk» fiel. Denn dieses Wort zementiert offenbar den herrschenden Patriarchismus.
Die Dame ist laut ihren Angaben Theologin, ausserdem noch «Weltmitgestalterin». Letzteres ist eine sehr spannende Bezeichnung, ich dachte immer, jeder Mensch gestalte die Welt mit, solange er atmet. (Verzeihung für das «er», es bezog sich auf «Der Mensch»). Aber für Frau Gisler Fischer (ich dachte, wir haben die Doppelnamen abgeschafft?) scheint sie selbst damit einen Sonderstatus zu haben. Sie twittert dann übrigens im selben Zusammenhang noch das hier:

Nun wissen wir also auch, wie «Weltmitgestaltung für Frau Gisler Fischer aussieht. Konstruktiv bis zum bitteren Ende, reichhaltig mit Argumenten unterfüttert, vermittelnd, ausgleichend, auf Frieden bedacht. Eine Mustertheologin.
Die Dame ist übrigens nicht einfach irgendwer. Sie war «Frau des Monats September/Oktober 2021» (sind übrigens ZWEI Monate) bei den «Feministischen Theologinnen». Das wurmt mich persönlich, den Titel wollte ich schon lange. Gemäss der Personenbeschreibung «beschäftigt sie sich mit kontextuellen Theologien aus Frauensicht, der Rolle von Frauen in religiösen und kulturellen Traditionen und Konzepten vom „guten Leben“, die ein nachhaltiges, friedlicheres und gerechteres Zusammenleben von Menschen untereinander und der Mitwelt ermöglichen.» Aktuell arbeite sie als ref. Pfarrerin im Zürcher Stadtquartier Seebach.
Der Einsatz für Frieden verführt die Frau Stadtpfarrerin offenbar zum Gebrauch von Schimpfwörtern. Der Zweck heiligt die Mittel. Das Engagement für die Frauen wiederum führt dazu, dass sie Pickel kriegt, wenn sie das Wort «Brudervolk» liest. Umgehend setzt sie die Prioritäten und stellt klar: Das grösste Problem bei einem Angriffskrieg mit zivilen Opfern ist das «patriarchale Framing» von «Brudervolk». Würde dort «Schwester- und Brudervolk» stehen, würden die Ukrainer sicher sofort aufatmen und noch so gerne ihre Städte bombardieren lassen. Oder noch besser nur «Schwestervolk» weil «die Ukraine» grammatikalisch gesehen ja feminin ist. Habe ich übrigens nicht erfunden, sagt sie wirklich auch noch.
«Lustig» ist ja, dass sich solche Leute nie aufregen, wenn negative Begriffe rein männlich besetzt werden. Hat sich Esther Gisler Fischer schon je zu Wort gemeldet, wenn eine Zeitung das Wort «die Verbrecher» benutzt hat, ohne weibliche Variante? Kaum.
In der Schule gabs eine schlechte Note, wenn man am Aufsatzthema vorbei schrieb. Das hier ist noch einmal eine ganz andere Liga. Wenn sich jemand Gedanken über eine maskuline Formulierung macht, während Menschen sterben, müssen die Synapsen ernsthaft ausser Kontrolle geraten sein. Die Theologin darf ja gerne ihre persönliche Mission haben (in diesem Fall: Verhunzung der Sprache, bis sie nicht mehr lesbar ist), aber es wäre nicht verkehrt, sich zu überlegen, in welchem Moment das Thema wirklich relevant ist. Und in welchem nicht. Und ich bin durchaus erleichtert, dass nicht nur ich das so sehe:

Und es gibt erstaunlich viele Wortmeldungen in diesem Sinn. Wobei ich bezweifle, dass das Frau Gisler Fischer zum Nachdenken bewegt. Ein Merkmal von Leuten dieses Schlags ist: Sie sind so sehr überzeugt, auf der richtigen Seite zu stehen, dass sie es nicht schaffen, für eine Sekunde Abstand von sich selbst zu nehmen und ihr Verhalten zu reflektieren. Was in solchen Köpfen vorgeht, ist in etwa das: «Die ganze Welt ist böse, ich bin gut, ich will die Welt verändern, und jeder, der mich kritisiert, steht auf der anderen Seite.» Dazu kommt noch, dass das Patriarchat bei uns weiss Gott/Göttin nicht mehr besteht, und es tut natürlich weh, wenn man voller Wut dauernd ins Leere rennt.
Aber vielleicht ist es ja doch ein Satire-Account. Das würde mich beruhigen angesichts dieses letzten Fundstücks, mit dem ich mich für heute verabschiede:
