Der Chef der Grünen Partei, Balthasar Glättli, möchte gern Lügen aus politischer Werbung verbannen. Hat er sich das gut überlegt? Würde man das ernsthaft angehen, wären er und seine Truppe die ersten Opfer.
Beginnen wir mit einem Auszug aus dem «Blick»:
Ein Plakat schreckt die Politik auf: Klimakleber, die eine Ambulanz blockieren – eine Szene, die so nie stattgefunden hat. Die FDP hat sie mit KI generiert, mit künstlicher Intelligenz.
Dieses Bild, unter anderem vermutlich, ist der Anstoss für die jüngste grandiose Idee von Balthasar Glättli, Präsident der Grünen Schweiz. Er lanciert eine parlamentarische Initiative mit diesem Inhalt:
«Das Gesetz über die politischen Rechte soll geändert werden, um ein Gremium zu schaffen, das während Abstimmungskampagnen zur Beurteilung zweifelhafter Aussagen in der öffentlichen Werbung angerufen werden kann.»
Bevor wir diesen Vorschlag näher anschauen, doch noch kurz zum Fallbeispiel oben. Egal, was die FDP mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz zusammengestoppelt hat, ist es natürlich eine Tatsache: Klimakleber haben in der Vergangenheit schon mehrfach Ambulanzen und Feuerwehrfahrzeuge blockiert. In Deutschland starb ein Unfallopfer, das unter einem Fahrzeug nur deshalb so lange begraben war, weil die Retter nicht durch eine Strassenblockade kamen. Seither argumentieren die «Klimaaktivisten», sie wäre auch sonst gestorben. Möglich. Aber eigentlich auch so richtig egal. Tatsache ist, dass die möglicherweise lebensrettenden Massnahmen aufgrund dieser Leute später als eigentlich machbar eingetroffen sind.
Aber das nur nebenbei zu diesem konkreten Fall, Herr Glättli will ja ganz grundsätzlich werden. Er will «zweifelhafte Aussagen» verunmöglichen. Er möchte, dass politische Werbung immer die Wahrheit sagt. Welches diese ist, legt ein «Gremium» fest.
Grüne und Linke lieben staatliche Gremien. Denn selbst wenn diese technisch betrachtet «unabhängig» sind, so werden sie doch immer nach dem Gusto des Staates zusammengesetzt. Und der will uns ja auch andauernd sagen, was wahr und was gelogen ist. Es wird also eine Jury bestimmt, die festlegt, ob der Slogan auf einem Plakat den Tatsachen entspricht oder nicht.
Soweit die Theorie. In der Praxis wird es eher so sein: Es wird eine Jury bestimmt, die festlegt, ob ihr der Slogan auf einem Plakat passt oder nicht.
Informationen ohne Zensur und staatliche Wahrheitsgremien: Danke für Ihren Beitrag.
Beim «Blick» findet man die Idee offenbar nicht so übel. Er schreibt:
«Ganz abwegig ist der Vorschlag allerdings nicht. Ein ähnliches Gremium, wie es der Grünen-Präsident vorschlägt, gibt es bereits für den kommerziellen Bereich. Die Schweizerische Lauterkeitskommission prüft Werbung auf Fakten, Lügen und irreführende Angaben.»
Ich weiss bei solchen Aussagen jeweils nicht genau, ob sie Dummheit oder Durchtriebenheit geschuldet sind. Wenn der Hersteller eines Hustenbonbons behauptet, sein Produkt heile Krebs und Diabetes und bringe Paraplegiker wieder zum Laufen, kann man das rein wissenschaftlich als Lüge entlarven und diese Werbung entsprechend verbieten.
Politische Werbung richtet sich aber in aller Regel an die Zukunft: Man sagt, was passiert, wenn es so weitergeht wie bisher beziehungsweise wenn man die Alternative wählt. Das ist gar nicht auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Wenn ich schreibe «Die 10-Millionen-Schweiz schadet unserem Land»: Ist das dann wahr oder falsch? Weder noch. Es ist meine subjektive Beurteilung.
Aber auch die Beurteilung der Gegenwart kann nicht einfach mit Lüge oder Fakt beantwortet werden. Wenn ich mit einem noch so fiktiven Bild festhalte, dass Klimakleber die Allgemeinheit gefährden, ist das gemessen an vergangenen Fällen schlicht korrekt. Was möchte dieses «Gremium» da genau daran herumkritteln? Die Aussage stimmt. Wenn sie grafisch überzeichnet dargestellt wird, ist das schlicht die Freiheit der politischen Werbung.
Die Grünen selbst haben keinerlei Probleme damit, Bilder von Fukushima als Beleg für die Gefahr durch Kernkraft zu verwenden. Wer wissen will, was in Fukushima genau an Auswirkungen passiert ist nach dem Vorfall, kann es googeln. Spoiler: Nicht einmal 1 Prozent dessen, was man uns erzählen will.
Mit dem Spruch «Unser Klima – deine Wahl» gewannen die Grünen 2019 die nationalen Wahlen. Dazu war die Weltkugel abgebildet. Liebe Wahrheits-Jury, die von Balthasar Glättli gefordert wird: Hättest du das durchgehen lassen? Die Grünen suggerieren so, mit der Wahl des eidgenössischen Parlaments werde das Weltklima gerettet. Ist das korrekt? Oder allenfalls eine «zweifelhafte Aussage»? Mehr als das: Es ist sogar eine blanke Lüge. Am globalen Klima hat sich durch die Wahl von grünen Kandidaten in der Schweiz rein gar nichts geändert. Aber ich würde diese Werbung dennoch jederzeit durchlassen. Weil jeder Normaldenkende merkt, wie grotesk sie ist.
Was Glättli und andere Leute wie er wirklich wollen: Dass ein nicht demokratisch legitimiertes Gremium bestimmt, was wir überhaupt noch zu sehen bekommen und was nicht. Er will den öffentlichen Raum und die Medien befreien von allem, was ihm nicht passt. Im genauen Wissen, dass das, was man nicht sieht, nicht existiert.
Damit reiht er sich ein in die Liste globaler Konzerne, die dasselbe tun, allen voran Facebook. Auf Geheiss von Regierungen, Verfassungsschützern und Geheimdiensten blockieren sie jede Information, die ihnen nicht passt. Sie halten die Leute damit dumm. Sie verhindern die echte Meinungsbildung.
Was Glättli da fordert, ist nicht lustig. Es ist ein Puzzleteil beim Versuch, die Gesellschaft umzugestalten. Es geht nicht um den Klimawandel, es geht nicht um Toleranz, es geht nicht um Gesundheit, es geht nicht um Gleichheit. Es geht darum, die Demokratie abzuschaffen und an ihre Stelle «Gremien» zu setzen, die uns sagen, was wir zu denken und zu sagen haben. Und zu sagen haben werden wir dann gar nichts mehr.