Was zwei Jahre lang vergessen ging

Dass die Coronasituation medial unverhältnismässig wiedergegeben wurde, ist das eine. Die andere, vielleicht ebenso wichtige Frage: Was haben wir dadurch alles vernachlässigt? Sträflich sogar? Und wie sollen wir das Unterlassene wieder aufholen?

Wenn man einer Frage alle anderen unterordnet, kommen viele Dinge zu kurz. Das hat man in den letzten zwei Jahren deutlich gesehen.

Wir haben beispielsweise eine Energiekrise, die sich zu verschärfen beginnt. Da und dort ist das allmählich ein Thema, aber viel zu selten und zu wenig dringlich. Aber seien wir ehrlich: Wenn sich jemand am Stammtisch in den letzten Monaten über mögliche Stromengpässe hätte unterhalten wollen – der Rest der Gäste hätte das seltsam gefunden. Das ist doch kein Thema, es gibt doch nur eines!

Ist es heute um die AHV besser bestellt als vor zwei Jahren? Sind wir überhaupt bei irgendeiner Frage besser aufgestellt als Anfang 2020? Kaum. Wie auch? Wir haben uns ja nichts anderem mehr gewidmet als Corona. Ich nehme an, das Parlament hat (hoffentlich) in dieser Zeit irgendwas getan, aber mehr oder weniger unter dem Radar der Öffentlichkeit. Man drang ja auch mit nichts durch bei den Medien. Politiker arbeiten zu einem schönen Teil auch für die Show, schliesslich muss man nächstes Jahr wieder gewählt werden. Wozu ein schönes Thema anreissen, dass dann in der allgemeinen Wahrnehmung sowieso untergeht?

Diese zwei Jahre waren in vielerlei Hinsicht verlorene Zeit. Wir haben unverhältnismässig viel Ressourcen in eine einzige Frage gesteckt und anderes grob vernachlässigt. In diesem Stil könnte es weitergehen, denn das Ende der Massnahmen wird nicht das Ende der Debatte sein. Allerdings können wir es uns schlicht nicht leisten, dass die Aufarbeitung von Corona den Blick weiter verstellt für alle anderen relevanten Themen. Umso mehr, als die Verschuldung gestiegen ist und sich die Lage zumindest im Bereich der KMU vielerorts verschlechtert hat. Man vergisst das gern, aber das hat eine Kette von Ereignissen zur Folge, beispielsweise bei den Steuereinnahmen.

Es wäre nie wichtiger als jetzt, richtig vorzuspuren für die nächsten Generationen. An den verschiedensten Fronten? Nur, wer mag sich diesen Themen denn annehmen? Wann kommen wir auch politisch wieder in den Alltagsrhythmus, wann kann man selbst entscheidende Fragen nicht mehr länger einfach vertagen, weil es gerade «Wichtigeres» zu tun gibt?