Kostenloser Beitrag. – Keine andere Frage wurde mir in den letzten eineinhalb Jahren so oft gestellt wie diese. Und stets konnte ich sie nur mässig zufriedenstellend beantworten. Es gibt Annäherungsversuche, aber unterm Strich bleibt es ein Rätsel, warum die Medienvielfalt in der Schweiz in der Coronafrage ein ziemlich unappetitlicher Einheitsbrei ist.
Es geht gar nicht um die Frage, wer richtig liegt: Diejenigen, die den Bundesrat und seine Massnahmen bejubeln oder die anderen, die sie für unverhältnismässig und sinnlos halten. Es geht um die Frage, warum fast alle Schweizer Medien seit dem ersten Tag der Coronasituation ein völlig einseitiges Bild zeichnen, Widersprüche verschweigen, namhafte Kritiker aussperren oder sogar diffamieren. Es geht um die Frage, wie aus offener Information eine Art per Briefkasten verteilte Kampagne des Bundes werden konnte.
Einige Erklärungsansätze gibt es. Aber ein Mysterium bleibt es dennoch.
Die vierte Gewalt müsste ganz grundsätzlich in permanentem Misstrauen zu allem stehen, was Regierungen und Behörden tun, sagen und verordnen. Nicht, weil sie immer das Falsche tun, sondern weil Macht Kontrolle bedingt. Es ist gar kein übler Ansatz, wenn man als Journalist aus Prinzip davon ausgeht, von Amtsträgern angelogen zu werden. Zeigt es sich, dass das nicht der Fall war: Umso besser. Ist es aber der Fall, ist man gewappnet.
Seit Monaten erleben wir das Gegenteil. Was aus bundesrätlichen Mündern kommt, wird von fast allen Zeitungsredaktionen als sakrosankt empfunden, wer widerspricht, muss Böses im Schild führen und darf keinen Platz in den Zeitungsspalten finden. Oder höchstens, um ihn zu diffamieren. Rasend schnell wurden so erfahrene und früher geehrte und gelobte Experten zu «umstrittenen Wissenschaftlern», ohne dass das näher begründet wurde (oder werden konnte). Leute werden Lagern zugeteilt und in Schubladen gesteckt. Es spielt keine Rolle, wie gut man seine Position begründen kann, wenn sie der offiziellen nicht entspricht, ist man ein Scharlatan.
Das ist das pure Gegenteil von dem, was Wissenschaft sein sollte, und Medien, die das stützen, sind das pure Gegenteil von dem, was Medien sein sollten.
Aber eben: Warum geschieht das?
Naturgemäss wird mir diese Frage oft gestellt, weil ich selbst Medienschaffender bin. Man will von mir wissen, was meine Kolleginnen und Kollegen antreibt. Warum sie gegenüber den Entscheidungsträgern auf kritische Fragen verzichten und gleichzeitig jedes Panikszenario ungeprüft weiterverbreiten. Und dann schweigen, wenn sich zeigt, wie falsch Task Force und Co. lagen.
Aber eigentlich bin ich der falsche Adressat für die Frage. Beantworten können sie nur die Journalisten, die so handeln.
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Das Mediengesetz, gegen das erfolgreich das Referendum ergriffen wurde, ist sicher Teil des Puzzles. Hunderte von Millionen Franken an Steuergeldern sollen in diesem Rahmen an die Schweizer Verlage fliessen. Nicht an alle natürlich, es wird Kritierien für die Verteilung dieser Subventionen geben. Gratismedien beispielsweise sollen leer ausgehen – warum auch immer. Klar ist aber auch, wer sicher Geld bekommen soll, und das sind die Grossen (und Reichen) der Branche: Ringier, TX Group, NZZ, CH Media. Trotz hervorragender Jahresergebnisse nagen diese Medienhäuser offenbar am Hungertuch und brauchen dringend staatliche Hilfe. Was ein Unding ist, weil sie zu genau diesem Staat auf möglichst viel Abstand gehen müssten, um unabhängig zu sein.
Dass sie das eben nicht sind, sieht man aktuell sehr schön. Die Beisshemmung gegenüber dem Bundesrat und seinen Ämtern ist kaum ein Zufall. Es ist ja schliesslich die Hand, die einen füttert. Wer will es sich verscherzen mit jemandem, der einem gerade einen Geldregen in Aussicht stellt?
Was natürlich heissen würde, dass diese Verlage eine Art Direktive gegenüber ihren Redaktionen haben: Kein böses Wort über Berset und Co. Darauf deutet auch die Tatsache hin, dass der «Erpressungsskandal», in den der Innenminister verstrickt ist, in kaum einer Zeitung den Raum erhalten hat, den er verdient. Aber man möchte als Journalist seine Kollegen wirklich nicht verdächtigen, einfach Befehle auf Kosten der umfassenden, ausgewogenen Information auszuführen.
In persönlichen Gesprächen erlebe ich immer wieder, dass viele aus meinem Berufsstand wirklich glauben, was sie schreiben. Dass die Volksgesundheit bedroht ist, dass Intensivstationen überlastet sind, dass eine Zertifikatspflicht völlig in Ordnung ist und so weiter. Aber selbst wenn sie das glauben, entbindet sie das nicht von der Pflicht, diese Dinge auf den Prüfstand zu stellen. Glaube ist keine Grundlage für echte Information. Massnahmenkritiker unisono zu diffamieren, statt die offiziellen Zahlen zu durchleuchten, ist keine journalistische Arbeit, es ist Teil einer PR-Kampagne.
Apropos PR: Nicht nur die Mediensubventionen sollen viel Geld in die Verlagskassen spülen, die Moneten rollen sogar bereits. Und zwar dank der flächendeckenden Schutz- und Impfkampagnen des Bundesamts für Gesundheit. Es dürften schon Millionen an Anzeigeneinnahmen geflossen sein.
Letztlich geht es also wohl um Geld, jedenfalls auf der übergeordneten Ebene. Darüber hinaus dürfte es viele Journalisten geben, die wirklich glauben, sich heldenhaft für die Volksgesundheit zu engagieren, wenn sie jede Zahl, die nach Katastrophe riecht, unverhältnismässig hochspielen und alles, was der offiziellen Erzählung widerspricht, einfach totschweigen.
Dazu passt übrigens dieser Beitrag auf «Die Ostschweiz», die zeigt, wie unwichtig staatspolitisch relevante Informationen plötzlich sind, wenn sie den Medien nicht in den Kram passen.
Die vierte Gewalt ist aufgegangen in den drei anderen Gewalten. Was sie denkbar überflüssig macht.