Die kantonalen Gesundheitsdirektoren haben keine Lust, neue Empfehlungen für Massnahmen gegen Covid-19 auszusprechen. Aus gutem Grund. Aber einzelne Medien können damit schlecht leben.
Es braucht gewisse Bedingungen, um Massnahmen zu empfehlen oder gar auszusprechen, die ins Leben der Bürger eingreifen. Das soll auch so sein. Und es ist schön, wenn sich die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren wieder an diesen Grundsatz erinnert. Es gibt derzeit schlicht keine Veranlassung, Massnahmen gegen Covid-19 zu fordern. Dafür reichen die abenteuerlichen Zahlen rund um einen Anstieg der «Fälle» beim besten Willen nicht. In den Spitälern herrscht Ruhe, und dort, wo das nicht der Fall ist, liegt es am Personalmangel (oder beim miserablen Personalmanagement), aber nicht an den Heerscharen von Corona-Erkrankten.
Sprich: Es fehlt jede Basis, irgendwelche Massnahmen wie beispielsweise den vermehrten Einsatz von Masken zu fordern.
Darüber ist sich die Politik aktuell glücklicherweise einig – was nicht selbstverständlich ist nach den früheren Erfahrungen. Der grösste Feind der Verhältnismässigkeit und einer vernunftbasierten Politik sind damit nur noch vereinzelte Medienschaffende.
Die Blätter von CH Media wie beispielsweise das St.Galler Tagblatt tun sich überaus schwer damit, dass die Gesundheitsdirektoren so zurückhaltend sind. Im entsprechenden Artikel (für Abonnenten) heisst es:
Seit Wochen steigen die Coronafallzahlen in der Schweiz an. Dennoch sehen die Kantone keinen Grund, einheitliche Empfehlungen etwa für eine Maskenpflicht auszusprechen. Sie setzen auf das Prinzip Hoffnung.
Ein schönes Beispiel, was man mit Sprache machen kann. Der letzte Satz lässt sich in etwa so übersetzen:
«Das ist total fahrlässig, man müsste jetzt einfach präventiv und ohne jedes Vorliegen einer ernstzunehmenden Situation sofort wieder scharfe Massnahmen ergreifen, und alles andere ist völlig bescheuert und wird uns schon bald alle umbringen.»
Anders als Medienschaffende können Politiker sich eben gottlob nicht einfach über jede Vernunftsregel hinwegsetzen (naja, gut, lange Zeit konnten sie selbst das). Aber woher genau kommt diese tiefe Sehnsucht von (zumindest einzelnen) Journalisten nach mehr Regeln, nach mehr Einschränkungen, nach hartem Einschreiten?
Das ist die Frage, die mir in den letzten 36 Monaten weitaus am häufigsten gestellt wurde, und bis heute habe ich keine Antwort darauf. Ich arbeite dran. Aber ich mache wenig Hoffnung. Totale Irrationalität konnte ich noch nie gut durchschauen.