Politiker und Medien berichten von zunehmenden Drohungen an ihre Adresse. Sie schliessen daraus eine Radikalisierung der Massnahmenkritiker. Das Problem daran ist, dass man dieser These kaum begegnen kann, ohne selbst in einer Täterecke gestellt zu werden.
Nein, die Kritiker der Coronamassnahmen sind nicht gewalttätig. Jede Woche findet irgendwo eine Kundgebung statt, und die Zahl irgendwelcher Übergriffe ist verschwindend klein. Meist können sie nicht mal klar jemandem zugeordnet werden. Es gibt viele glaubhafte Überlieferungen von «Agents provocateurs», die sich unter die Menge mischen und Ärger bereiten mit der Absicht, die Demonstranten schlecht dastehen zu lassen. Aber wenn das Rütteln an einem Metallzaun vor dem Bundeshaus (das auch ohne Zaun nie in Gefahr gewesen wäre) oder eine Flasche Shorley an der Kleidung einer Regierungsrätin schon als Olymp der Gewalt angeprangert werden, ist vermutlich eher Entspannung angesagt.
Dazu kommt, dass man dort, wo jemand tatsächlich die Nerven verliert, dringend über die Gründe dafür sprechen müsste. Das aber wird nicht toleriert. Es gilt als Entschuldigung von Gewalt. Eine Gesellschaft muss sich aber mit den Ursachen solcher Phänomene auseinandersetzen.
Wer andeutet, dass ein Akt der Gewalt – sprechen wir der Einfachheit halber einfach mal davon, auch wenn der Begriff völlig überhöht ist – durchaus durch die Situation provoziert sein kann, macht sich in den Augen vieler mit den «Tätern» gemein. Aber schauen wir uns doch an, was in den vergangenen Monaten geschehen ist. Leute sind einsam gestorben, ihre Familien konnten aufgrund von Schutzmassnahmen nur aus der Distanz zusehen. Menschen, deren soziales Netz beschränkt ist, haben dieses durch Einschränkungen ganz verloren. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien meldeten hohe Zuläufe. Unternehmer verloren die Existenz, während sie sich durch einen Bürokratiedschungel schlugen. Ein grosser Teil der Bevölkerung wurde faktisch ausgeschlossen aus dem gesellschaftlichen Leben. Geimpfte begegnen Ungeimpften mit Hass, weil diese angeblich die Treiber einer Pandemie sein. Und so weiter.
Es hat in der Geschichte schon weit weniger gebraucht, um Menschen ausrasten zu lassen. Und das, pardon für den Stammtischsp…