Keine Probleme? Dann erfinde doch eins!

Es geht uns immer noch zu gut. Wir haben immer noch alle Zeit der Welt, uns Gedanken zu machen über Dinge, die kein Problem sind, bevor man sie zu einem macht. Ein aktuelles Beispiel, das für viele andere steht.

Achtsamkeit, ein grosses Bewusstsein für Ungerechtigkeiten, die Bereitschaft, Widerstand zu leisten: Das sind alles tolle Eigenschaften. Leider kann man es damit auch übertreiben. Wer den lieben langen Tag nichts anderes mehr tut, als mögliche Gründe für Empörung und Aktivismus zu suchen, macht das gesellschaftliche Engagement zum Selbstzweck. Es geht nicht mehr darum, eine «bessere Welt» zu kreieren, sondern darum, sich selbst gut zu fühlen, auf der richtigen Seite stehend.

Das neueste Beispiel ist der absurde Einsatz gegen ein Logo auf Leuchtstreifen von Kindergärtlern und Schülern.

Kurz zusammengefasst finden einige hyperkritische Eltern, die praktischen Leuchtstreifen, mit denen ihre Kinder auch bei Dämmerung im Strassenverkehr zu sehen sind, dürften nicht mehr länger mit dem TCS-Logo versehen sein. Sie versenden deshalb herzige Sticker, die man darüber kleben kann.

Ich habe nichts zu schaffen mit dem TCS, ich bin nicht mal Mitglied. Und offen gesagt habe ich keine Ahnung mehr, ob meine eigenen Kinder dieses Logo damals vor einigen Jahren auf ihrem Leuchtstreifen hatten. Darauf habe ich nun wirklich nicht geachtet. Ich frage mich eher, ob mein Alltag als Berufstätiger und Vater und Partner es mir erlauben würde, mir ernsthaft Gedanken über solche Dinge zu machen.

Der Kritikpunkt der ewig besorgten Eltern: Der TCS stehe nicht auf der Seite der Fussgänger, sondern der Autofahrer, er bekämpfe Tempo-30-Zonen und sei damit ein schlechter Werbeträger auf einem Streifen, der der Sicherheit der Kinder dienen soll.

Es klingt ein bisschen so, als wäre der TCS ein Verbund von Raser-Lobbyisten, die gezielt Jagd auf unschuldige Verkehrsteilnehmer machen.

Natürlich muss man einen Automobilverband nichts Tolles finden. Und klar vertritt er bestimmte Interessen. Aber die Empörung der Eltern über etwas, das übrigens seit Jahrzehnten so ist, speist sich wie so…