Innovation hat keine Staatsgelder nötig. Im Gegenteil.

Boomt die Innovation im Medienbereich, wenn Subventionen fliessen? Fragen wir anders: Haben Subventionen jemals zu Innovationen geführt? Schwer möglich. Denn Subventionen sind das pure Gegenteil von Innovation.

Innovation ist Erneuerung, Aufbruch. Wer innovativ ist, denkt voraus, wagt Schritte ohne Gewissheit, was um die Ecke lauert. Subventionen dienen der Strukturerhaltung. Ihr Zweck ist es, das durchzuseuchen, was im Grunde bereits überholt ist.

Wer behauptet, mit Subventionen Innovationen zu fördern, macht einen Spagat, bei dem man die Knochen förmlich splittern hört.

Man kann sich als Staat bewusst für Subventionen entscheiden, um etwas zu erhalten, das man aus irgendwelchen Gründen für erhaltenswert hält. Die Landwirtschaft ist ein gutes Beispiel. Es ist kein Geheimnis, dass wir auch Fleisch, Milch und Eier konsumieren könnten, wenn es in der Schweiz keinen einzigen Bauern mehr gäbe. Dafür sorgt der globale Markt. Aber natürlich steckt mehr dahinter. Es gibt – blenden wir einzelne allenfalls störende Details aus – durchaus gute Gründe, die Schweizer Landwirtschaft zu erhalten. Ein Blick aus dem Fenster reicht, jedenfalls, wenn man wie ich in Appenzell wohnt. Ein reiches Land kann sich die Strukturbewahrung leisten. Ich sträube mich nicht dagegen.

Ehrenhaft mag das sein. Aber mit Innovation hat es nichts zu tun. Die entsteht in aller Regel aus unternehmerischer Initiative. Und die kann beim besten Willen nicht aufkommen, wenn der Staat bezahlt. Geld, das einfach so kommt, zerstört jede Motivation, aus eigener Kraft noch Besseres zu erschaffen.

Ich bin ja bekanntlich der König der schlechten Vergleiche, die dann irgendwie doch funktionieren. Kennen Sie das Angebot von SwissLos, bei dem man als Gewinner 20 Jahre lang 4000 Franken pro Monat erhält? Das hätte ich auch gern. Ich würde dann sehr viel weniger arbeiten, weil ein grosser Teil meines Auskommens bereits erledigt wäre. Aber mal ehrlich: Ich glaube nicht, dass ich in 20 Jahren dann noch fähig wäre, wieder voll berufstätig zu sein. Der Gewinn hätte mich langfristig gelähmt.

Es hat mich immer fasziniert, wie man Mediensubventionen ernsthaft damit begründen kann, dass sie Innovation fördern. Wenn man eine Möglichkeit sieht, sich für die Zukunft zu rüsten, strebt man sie an, ohne auf Steuergelder zu warten. Ich habe in Bezug auf die Medien darüber geschrieben. Wenn mir ein Verleger im Jahr 2022 sagt, er hätte schon längst ein Onlineangebot geschaffen, aber er müsse warten, bis der Steuerzahler dafür aufkommt, kommen mir die Tränen.

Es geht nicht nur darum, dass man heutzutage offenbar private Unternehmer mit Bundesgeldern locken muss, bis sie bereit sind, den Schritt ins digitale Zeitalter zu wagen. Das ist traurig genug. Es geht auch darum, wie sich Leute fühlen, die das seit langem tun, ohne auf Subventionen zu warten.

Ich war 2005 beteiligt an der Gründung von appenzell24.ch, einer in dieser Form damals einmaligen kompletten Lokalzeitung im Internet. Wir mussten uns von potenziellen Anzeigenkunden, die nichts von «diesem Internetzeugs» hielten, auslachen lassen. Wir haben es dennoch getan, weil wir überzeugt waren, dass hier die Zukunft liegt. Das Portal gibt es unter neuer Besitzerschaft immer noch. Die Käufer haben 2008 glasklar erkannt, dass sie den Schritt tun müssen.

Inzwischen schreiben wir 2022, und es gibt immer noch lokale und regionale Verlage, die lieber Zeitungen drucken und sich vor der Digitalisierung scheuen – es sei denn natürlich, jemand anders bezahlt dafür. Das wäre ein weiterer Grund für Tränen. 2022! Meine Kinder, 10 und 13, verstehen es kaum, dass jemand auf Papier liest, und ein Verleger, dessen Aufgabe es wäre, das Medium fit für die Zukunft zu machen, befindet, es sei noch nicht die Zeit dafür? Bis jemand anders dafür bezahlt?

Jemand anders heisst: Alle, die Steuern zahlen. Wir alle.

Wenn Innovation bedeutet, dass man mit massiv mehr Medienförderung private Verleger zu ihrem Glück zwingen muss, dann hatte ich bisher eine falsche Vorstellung von diesem Begriff.

Das gilt für alle Branchen. Man muss Elon Musk nicht mögen (wer mag schon den reichsten Mann der Welt?), aber Tatsache ist: Er hat mit seiner Marke Tesla eine ganze Industrie vor sich hergetrieben. Inzwischen überschlagen sich alle Autohersteller im Bestreben, den elektrischen Antrieb zu forcieren. Weil der Staat dafür Geldtöpfe bereitgestellt hat? Nein. Weil ein Mann befand, es müsse auch anders gehen. Klar, er hatte das Kleingeld dafür. Aber Innovation ist nicht zwingend abhängig von Mitteln. Es gibt genug Beispiele für Durchbrüche, die aus dem Nichts gelungen ist.

Als wir mit appenzell24.ch begannen, News in Echtzeit zu publizieren, waren die Onlineangebote der regionalen Medienhäuser Rumpfgebilde. Man wollte die gedruckte Zeitung nicht selbst konkurrenzieren, daher war es das höchste der Gefühle, die Ausgabe des bewussten Tages auch noch im Netz zu zeigen. Irgendwann mussten die grossen Verlage umdenken, weil die Konsumenten kapierten, dass es auch anders geht. Der Markt reagierte, die Unternehmen zogen widerwillig nach. Das Modell, das geschützt werden sollte, liess sich nicht schützen, weil andere – und natürlich waren wir früher oder später nicht mehr die einzigen in der Schweiz – dieses Modell offensiv unterliefen. Wir haben die Ruhe der Gutverdiener gestört.

Verlage, die mit gedruckten Zeitungen im letzten Jahrhundert ein Vermögen verdienten, wollten damals keineswegs ins digitale Zeitungsalter einsteigen. Sie mussten. Es geschah wider Willen und damit auch halbherzig.

Der Wind drehte, als die bewussten grossen Medienhäuser merkten, dass man damit Geld machen kann, indem man Jobs, Immobilien oder Autos verhökert. Rubrikenportale dieser Art sind das neue Gold. Reine Information liess und lässt sich hingegen immer viel schwerer zu Geld machen. Man versuchte es notgedrungen, ohne inneren Antrieb. Und das kann nicht funktionieren.

Seither sind 15 Jahre vergangen, und nun bejammern diese Verlage den Umstand, dass ihr geliebtes Modell irgendwie nicht mehr aufgeht. Beziehungsweise eben nur in den erwähnten Bereichen, aber nicht beim journalistischen Angebot. Deshalb wollen sie nun Subventionen. Damit wollen sie a) das ausgediente Modell der gedruckten Zeitung noch ein paar Jahre durchseuchen und b) Geld für digitalisierte Informationen, für deren Monetarisierung sie schon längst selbst hätten sorgen können.

Ist es «Innovation», wenn man eine aussterbende Gattung ans Beatmungsgerät hängt und Versäumnisse der Vergangenheit vom Steuerzahler finanzieren lässt?

Ja, die Frage war rhetorisch. Verzeihung.

Ein Wort noch zum «Argument», die Medienförderung sei ja nur über sieben Jahre hinweg geplant. Ich wette im Fall eines Ja zum Mediengesetz mit jedem, der will, um meine Pensionskasse, dass es nach diesen sieben Jahren heissen würde: «Hey, danke, das war gut, aber es reicht noch nicht, wir brauchen die Kohle noch ein paar Jahre mehr.»

Denn auch das ist typisch für Subventionen. Sie kennen kein Ablaufdatum.