Huch, will der etwa Meinungsfreiheit?

Elon Musk kauft Twitter. Es ist das Markenzeichen des Tesla-Gründers, dass Nachrichten rund um ihn weniger überraschen als andere, Musk ist immer für ein kleines Erdbeben gut. Ebenso überraschungsfrei ist die Reaktion der Twitterblase. Sie fürchtet um ihre Eigendefinition von Meinungsfreiheit, die da lautet: Die ist wichtig, aber um sie zu schützen muss alles weg, was mir nicht in den Kram passt.

Twitter ist eine furchtbare Suppe. Aber eine, die noch lange im Magen liegt. Wenn eine unterbeschäftigte und sichtlich von einem fehlenden Existenzgrund geplagte Frau einkaufen geht und einen Mohrenkopf fotografiert, der auch so heisst und das Ergebnis in Schnappatmung auf Twitter publiziert, kriechen danach mächtige Grossverteiler zu Kreuze und werfen das Ding aus dem Sortiment. Eine Form der Demokratisierung, welche die alten Griechen vermutlich nicht auf dem Plan hatten, als sie die Staatsform erfanden.

Twitter ist eine Art fortlaufendes Protokoll der moralistischen Bürgerpolizei. Wenn mir etwas nicht passt, schreibe ich einfach bis zu 280 vor Empörung schreiende Zeichen und kann dabei zusehen, wie andere Berufsempörer sich umgehend dazugesellen und mir recht geben. Hin und wieder stört so ein Zeitgenosse, an dem die «Woke»-Bewegung vorbeigezogen ist, das gegenseitige Schulterklopfen mit kritischen Fragen oder Anmerkungen. Aber den kann man schnell mundtot machen, indem man in der ganzen Meute vereint beschliesst, es handle sich um einen Fascho. So schnell geht das. Dafür braucht es übrigens keinerlei Beleg für eine entsprechende politische Veranlagung. Beklag dich nicht, denn du hast ja die Wahl: Sei entweder voll und ganz mit mir einer Meinung und sag das lautstark, ansonsten bist du eben rechtsextrem oder ein Schwurbler oder einfach dämlich, suchs dir aus.

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Twitter hätte eine Diskussionsplattform werden können. Das ist aber schwierig in einer Zeit, in der Debatten nicht nur als überflüssig, sondern als gefährlich eingestuft werden. Die Wahrheit wird heute nicht mehr im Wettstreit der Argumente ermittelt, sondern aufgrund der Definition einer unsichtbaren Jury gleich zu beginn ultimativ festgehalten – unter dem Beifall von Leuten, die sich gerne auch ein bisschen besser fühlen möchten als der Rest. Wer dann noch ein Widerwort wagt, ist ein Unmensch, basta.

Black Lives Matter? Klima? Corona? Für alle diese Begriffe gibt es eine klare Anleitung. Sie enthält, was man denken und sagen muss. Unter die Räder kommt nicht nur, wer das Gegenteil denkt und sagt, sondern auch jeder, der sich eine schüchterne Frage dazu erlaubt. Twitter ist ein absolutistisches Konstrukt. Die Erfinder sind ursprünglich nicht daran schuld, was können sie dafür, wenn ihre eingetragenen Mitglieder kleine Meinungsdiktatoren sind. Nur hilft die Plattform inzwischen tüchtig dabei m…