Eine Rücktrittskultur ist dämlich. Ein Rücktritt nicht immer.

In vielen Nationen schreien Politiker beim kleinsten Anlass nach dem Rücktritt eines Regierungsmitglieds. Das ist meist nur schlagzeilenträchtiges Rumgeheule, das niemandem hilft. Der umgekehrte Fall ist aber auch nicht sinnvoll: Dass man einfach tun und lassen kann, was man will, ohne dass es Konsequenzen hat.

Ein falsches Wort hier, ein Flüchtigkeitsfehler da, und schon brüllt die Opposition aus Leibeskräften: «Rücktritt!» Das ist die politische «Kultur» in vielen Ländern, vornehmlich natürlich in denen, die nicht wie die Schweiz auf Konkordanz, sondern auf Konkurrenz setzen. Man muss den anderen permanent schlecht machen, und dazu reicht oft eine nichtige Begebenheit.

Eigentlich ganz schön, dass wir das in der Schweiz anders handhaben. Bundesräte beispielsweise werden so gut wie nie mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Es entspricht einfach nicht unserer politischen Kultur. Geschieht es doch einmal, wie im legendären Fall von Elisabeth Kopp, hat es in aller Regel Hand und Fuss und löst Konsequenzen aus. Wobei man sich in der Retrospektive auch da fragen kann, ob man nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen hat.

Aber unser System hat auch eine Schwäche: Niemand fordert einen Rücktritt, selbst wenn nüchtern betrachtet ganz einfach gar nichts anderes mehr denkbar ist.

Bundesrat Alain Berset ist offenbar eine Art Grossbank. Denn er gilt als systemrelevant. Zu wichtig, um auszufallen. Er muss um jeden Preis gestützt werden. Wie die UBS damals. Was auch immer er getan hat, was auch immer geschehen ist: Er ist ein Pfeiler der Stabilität dieser Nation und sollte nicht kritisiert werden. Ein Politiker mit carte blanche sozusagen.

Die Recherchen der «Weltwoche», bis heute inhaltlich unangetastet, auch wenn die anderen Medien wirklich alles versuchen, haben eine Parallelwelt aufgedeckt, die – wenn sie von einem Bundesrat bewohnt wird – nicht existieren sollte. Wir sind alle Menschen mit unseren kleinen Schwächen, aber in dem Moment, in dem man mit dem Amt des Bundesrats betraut wird, muss man makellos werden. Spätestens dann. Wenn man immer auf dieses Ziel hingearbeitet hat, sollte man es sogar schon früher gewesen sein. «Es mag nüüt liide», würde man in meinem wenig attraktiven Dialekt dazu sagen. Ob man seine eigene Fr…