Es ist nur noch peinlich, wie linke Aushängeschilder versuchen, die Coronaleaks-Affäre schönzureden. Sie verschanzen sich hinter den offenen strafrechtlichen Fragen. Dass das, was sich hinter den Kulissen abspielte, bereits mit dem heutigen Wissensstand politisch nicht akzeptabel ist, blenden sie aus.
«Auf meine Emails habe nur ich Zugriff.»
Das schrieb der damalige Sprecher von Bundesrat Alain Berset am 28. Oktober 2020 an die Adresse von Ringier-CEO Marc Walder. Das zeigt einer der Ausrisse, die uns die Zeitungen von CH Media in der aktuellen Ausgabe präsentieren. Offenbar werden nun im Wochenrhythmus weitere Müsterchen scheibchenweise publiziert.
Warum muss Marc Walder wissen, wer Zugriff auf die Mails eines Bundesratssprecher hat? Weil er ihm hin und wieder ein lustiges GIF schickt? Oder einen «dirty Limerick»?
Kaum.
Die bisher aufgetauchten Ausschnitte aus dem Dauerverkehr zwischen Lauener und Walder deuten in einzelnen Fällen auf eine Amtsgeheimnisverletzung hin; es gilt die Unschuldsvermutung. Das müssen die Strafverfolgungsbehörden klären. Aber abseits juristischer Fragen reicht das, was wir schon wissen, aus, um ein klares Bild zu haben: Aus dem Departement von Alain Berset wurde die Ringier-Chefetage regelmässig mit Interna versorgt. Und vermutlich haben auch andere Verlage profitiert. Das ist abseits der Abklärungen der Juristen politisch relevant. Schon heute.
Im «Club» und der «Arena» verteidigen SP-Exponenten ihren Bundesrat vehement. Immer wieder weisen sie darauf hin, es sei nicht erwiesen, dass Berset von diesen Machenschaften wusste. Reden dürfen bei den Sozialdemokraten interessanterweise nur die Dauerlautsprecher Fabian Molina und Jacqueline Badran.
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Sie verweigern sich mit ihrer Haltung dem gesunden Menschenverstand. Wer den einschaltet, muss sich zwangsläufig Fragen stellen, deren Antwort nur lauten kann: Natürlich hat Alain Berset von all dem gewusst, mehr noch, natürlich geschah es auf seine Initiative.
Denn:
- Warum sollte sein langjähriger Pressesprecher an seinem Chef vorbei einen solch intensiven Kontakt zu einem Verlags-CEO unterhalten? Lauener galt immer als absolut Berset-treu. Welche Interessen sollte er an einem Alleingang gehabt haben?
- Wie kann es sein, dass über Monate hinweg systematisch vertrauliche Informationen aus dem Bundeshaus vorab im «Blick» standen, ohne dass das dem für diese Dossiers zuständigen Bundesrat aufgefallen ist? Wenn Berset nicht eingeweiht war, hätte er diesem Datenleck intensiv nachgehen müssen. Stattdessen liefen die Indiskretionen weiter.
- Bei Ringier behauptet man, es habe keine interne Beeinflussung gegeben. Das würde heissen, dass Marc Walder laufend mit heissen News versorgt wurde, er diese aber einfach stoisch entgegennahm und danach ein bisschen Tennis spielen ging. Was genau sollte der CEO denn mit diesen Informationen anfangen, wenn nicht an die Redaktionen weitergeben? Hat er so viel freie Zeit, dass er einfach gerne mit einem Bundesratssprecher ein Pläuschchen hält?
- Und Alain Berset: Der hatte ausgerechnet während Corona ebenfalls zu wenig zu tun, dass er sich die Zeit nahm, für ein Ringier-Heftli den Musiker Stephan Eicher zu interviewen und bei der Lancierungs-Vernissage des Magazins vorbeizuschauen?
- Mehrfach nennt Peter Lauener seinen Chef im Mailverkehr mit Walder ausdrücklich und spricht immer wieder von «Wir». Wer war dieses «wir»? Vielleicht Lauener und der Leiter des Facility Management im Bundeshaus?
Es gibt nach den veröffentlichten Auszügen aus dem Mailverkehr keinen Zweifel, dass das Ganze eine laufende konzertierte Aktion war, und sie kann schlicht nicht am Bundesrat persönlich vorbei betrieben worden sein. Im besten Fall hat Alain Berset dem Ganzen schweigend zugesehen, weil es ihm nützte, er aber nicht selbst involviert sein wollte. Im schlechtesten Fall gab er die Anweisungen dazu und liess sich regelmässig über die Fortschritte informieren. Beides wäre untragbar für ein Mitglied der Landesregierung.
Gerade eine Jacqueline Badran würde sich derzeit geifernd vor jede Kamera stürzen, wenn diese Vorwürfe einen politischen Gegner betreffen würden. Nun spricht sie von einer Kampagne gegen Alain Berset, als gäbe es keinerlei Anhaltspunkte, Fragen zu stellen. Als wäre alles völlig harmlos.
Fast schon ein Geschenk ist es, dass Peter Lauener nicht nur in Sachen Corona den Medien-Kurier spielte, sondern auch, wenn es darum ging, ein anderes Mitglied des Bundesrats schlecht zu machen. Denn nun herrscht auch in der Regierung dicke Luft. Bei der nächsten Sitzung am Mittwoch wird Berset wohl ins Gebet genommen. Seine Kollegen interessieren sich vermutlich nicht sonderlich für Indiskretionen, welche die Coronapolitik gestützt haben. Wenn sie aber dazu dienten, ihnen an den Karren zu fahren, betrifft es sie direkt.
Noch einmal: Die strafrechtlichen Gesichtspunkte soll und muss man sauber abklären. Das dürfte Jahre dauern. Aber politisch betrachtet ist das, was man heute schon weiss, mehr als genug, um festzuhalten: Das geht nicht.
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Bild: Screenshot SRF