Eine Anleitung im Kampf gegen «Reichsbürger»

Immer mehr Leute wenden sich vom Staat ab. Der findet das gar nicht lustig und will gegen Auswüchse vorgehen. Mein Tipp an den Staat: Mach deine Arbeit wieder ordentlich, dann verschwindet auch der Widerstand.

«Reichsbürger-Mentalität schwappt vermehrt auf die Schweiz über», weiss das Onlineportal «Watson», das sich immer mehr zu meinem Lieblingsmedium entwickelt. Nichts ist zu grotesk, um dort nicht gewürdigt zu werden.

Das dort geschilderte Problem: Immer mehr Menschen würden sich «vom Staat abwenden». Das äussert sich in wahrhaft dramatischer Weise. Zitat: «Briefe kommen ungeöffnet zurück, Aufforderungen der Ämter werden ignoriert, Aussagen werden verweigert. Teilweise treten diese «Querulanten» auch gegenüber den Behörden aggressiv auf.»

Das finden die Leute, die diese Briefe verschicken und Aufforderungen versenden, natürlich nicht besonders lustig. Die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr darf sich in dem Artikel beklagen. Auf demokratischem Weg dürfe man sich natürlich gegen staatliche Massnahmen wehren (vielen Dank!), aber es sei problematisch, «wenn daraus eine grundlegend antistaatliche Haltung wird.» Und weiter sagt Frau Fehr: «Wir müssen rasch und entschieden gegen solche Entwicklungen antreten.»

Ich teile die Analyse. Der Staat ist, zumindest, bis uns eine bessere Form einfällt, der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Allerdings würde ich, wenn ich der Staat wäre, zunächst einmal die recht banale und entscheidende Frage stellen: Warum ist das so? Wie kam es zu dieser Entwicklung? Haben wir allenfalls etwas falsch gemacht?

Danke für Ihre Unterstützung – die vergangene und die künftige.

Zur Erinnerung: In den letzten drei Jahren hat sich dieser Staat nicht mehr um sein eigenes Fundament gekümmert, dieses kleine Detail namens «Verfassung». Mehr noch, sie wurde am Laufmeter missachtet. Bürgern wurden Grund- und Freiheitsrechte aufgrund einer künstlich fabrizierten Gefahr willkürlich entzogen. Wer aufmuckte, musste mit Sanktionen rechnen. Der Staat höchstpersönlich hat eine Front zwischen zwei Gruppen errichtet und es der einen durch seine Politik erlaubt, auf die andere einzudreschen.

Könnte das allenfalls eine Ursache für die wachsende Staatsverdrossenheit sein?

Diese Ursachenforschung meint Frau Fehr aber vermutlich nicht, wenn sie sagt, man müsse «rasch und entschieden gegen solche Entwicklungen antreten». Denn immerhin hat sie die Justiz unter sich. Sie meint daher wohl eher, dass man solchem zivilen Widerstand juristisch entgegen treten müsste. Also: Mehr Beobachtung, mehr Verfolgung, mehr Bestrafung der Leute, die nicht zufrieden sind damit, wie sich der Staat entwickelt.

Das ist natürlich einfacher, als sich zu fragen, ob man das allenfalls selbst verschuldet hat. Völlig unverhältnismässig und ohne jeden Anlass.

Zur Erinnerung: Wir Bürger sind der Staat. Die Leute, die Briefe versenden, sind unsere Angestellten. Wir bezahlen ihre Löhne. Und wir haben ein Recht darauf, dass diese Leute unsere Interessen wahren, statt sie mit Füssen zu treten.

Wenn man also Angst hat vor «Reichsbürgern» (übrigens ein seltsamer Begriff in der Schweiz, das nie ein «Reich» war), sollte man die Repräsentanten des Staats anhalten, die Regeln einzuhalten, die Verfassung zu achten und die Grundrechte ernst zu nehmen. Dann klappt’s auch mit dem Nachbarn.

Aber die Prioritäten sind ja klar. In Deutschland ging das grösste Polizeiaufgebot seit Jahrzehnten auf einige Dutzend Leute los, die mit alten Jagdgewehren und Armbrüsten angeblich den Umsturz planten. Einige Wochen später konnten junge Migranten in der Silvesternacht recht ungehindert Jagd auf Menschen machen.

Gefahren werden heute nicht mehr real eingeschätzt, sondern politisch. Das ist das wahre Problem. Und nicht die paar Leute, welche die Nerven verlieren, weil die Staatsbehörden schlicht vergessen haben, was ihre Aufgabe wäre.

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