Der Nationalrat hat eine Signalrakete abgefeuert. Mit dem Nein zu den Notfallkrediten in der CS-UBS-Angelegenheit ist politisch zunächst zwar nicht viel passiert. Aber es gibt die Hoffnung, dass die Entscheidung dem Bundesrat in die Knochen fährt.
Das Notrecht ist die jüngste Geheimwaffe des Bundesrats. Am 4. April 2023 habe ich geschrieben, welche Lust der Bundesrat an diesem Mittel entdeckt hat. Meine diesbezüglichen Befürchtungen habe ich so formuliert:
Was hindert die Exekutive daran, nach einem Blick in die Tageszeitung eine neue «drohende schwere Störung» zu entdecken und mal schnell das Notrecht auszurufen? Die Hemmschwelle liegt inzwischen ziemlich tief.
Den ganzen Beitrag kann man hier nachlesen.
Mit einiger Belustigung habe ich bei der Debatte zu den Notkrediten zur Kenntnis genommen, dass sich die federführende Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP) diesen Vorwurf nicht gefallen lassen will. Auch wenn ich natürlich nicht davon ausgehe, dass sie mit ihrem Votum auf meine Worte reagiert hat. Jedenfalls hat sie in der Debatte im Nationalrat das hier gesagt:
«Wissen Sie, der Bundesrat steht nicht morgens auf und sagt sich: Wir könnten heute ja mal wieder Notrecht anwenden.»
Wobei: Es klingt beim zweiten Durchlesen in der Tat ein bisschen wie eine Replik in meine Richtung.
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Natürlich stelle ich es mir nicht ganz so banal vor, wenn ich es auch in der mir üblichen Dramatisierung in diese Richtung ausgedrückt habe. Sagen wollte ich damit einfach, dass es immer weniger braucht, bis der Bundesrat eine «Not» entdeckt und auf das Notrecht setzt. Im Fall des Niedergangs der Credit Suisse kann man argumentieren (und diskutieren), dass schnelle Schritte unumgänglich waren. Aber im Fall von Covid-19? Bei Sanktionen gegen Russland?
Viel zu lange hat die Bundesversammlung das mit sich machen lassen. Man wird in National- oder Ständerat gewählt, um zu gestalten. Wie es der Begriff «Exekutive» schon sagt, ist der Bundesrat das ausführende Organ. Was im Parlament beschlossen wird, muss er in geeigneter Weise umsetzen.
Mit dem Notrecht wird diese Ordnung aufgelöst. Mit einem Mal entscheidet die Regierung, was zu geschehen hat. Es ist daher gut, wenn es auch reichlich spät kommt, dass der Nationalrat klar signalisiert hat, sich das nicht länger gefallen zu lassen.
Offenbar braucht es manchmal eine Ballung von Missständen, bis diese auch dem Letzten auffallen. Das ist wenig befriedigend, denn gerade im Fall von Corona hätte die gewählten Volksvertretern ruhig früher merken dürfen beziehungsweise sogar müssen, dass der Bundesrat ausser Rand und Band ist und auf völlig nichtigen Grundlagen höchste Not verordnet und danach völlig zügellos durchregiert hat. Damals fand noch kaum ein Parlamentarier die Kraft, sich dagegen zu stemmen.
Hoffen wir, dass der Widerstand im Fall des CS-Notkredits kein einmaliges Aufmucken war, sondern der Beginn einer leidenschaftlichen Politik zugunsten der Bürger, und das ohne Rücksicht auf eigene Verluste.
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