Das Diktat des Kalenders

Auf Freitag um 15 Uhr ist mal wieder eine Medienkonferenz des Bundesrats angesagt. Er wird dort weitere Massnahmen verkünden. Eigentlich wollte ich mit diesem Text warten, bis es soweit ist, nur: Wozu? Und macht man sich damit nicht zum Sklaven der Verkündiger?

Man kann meist in ausgewählten Medien vorab schon lesen, was der Bundesrat beschlossen hat und bald verkünden wird. Die Medienkonferenzen sind eine Art Theatervorstellung, Medienschaffende sind Statisten. Mit der eigentlichen Lage hat das, was der Bundesrat jeweils verordnet, ohnehin nichts zu tun. Alles basiert auf «könnte», «würde», «falls» und so weiter. Warum soll man dem Ganzen so viel Raum geben? Wo doch ohnehin kaum ein Mensch überhaupt noch weiss, was gerade jetzt wo gilt?


Mit der Berichterstattung wird man im Grunde zum Mitspieler. Oder zum Mittäter. Man gibt Dingen Raum, die keinen haben dürften. Nachbeten, was gesagt wurde, aber selbst Kritik am Gesagten ist ein Mosaiksteinchen im Ganzen. Ich sage nicht, dass man nicht mehr über die Massnahmen schreiben soll, es bleibt einem ja nichts anderes übrig. Aber man sollte das nach dem eigenen Terminkalender tun. Und sich diesen nicht vom Bundesrat diktieren lassen. Es reicht auch, morgen oder am Sonntag den Kopf zu schütteln. Die Evidenzlosigkeit fix in die Agenda eingeplanen, indem man kolportiert, was den Leuten in Bern nun wieder eingefallen ist, widerstrebt mir immer mehr.

Denn sich den Rhythmus diktieren zu lassen, gibt den Ereignissen Gewicht, die diese nicht verdient haben. Es ist ja gar nichts passiert. Steigende Fallzahlen? Kennen wir. Überlastete Intensivstationen? Ja, klar, wissen wir. Dringender Handlungsbedarf? Aber sicher. Und nach 15 Uhr steht dann überall, wie die Schweiz all dem begegnen wird, um nächste Woch…