Ablenkung ist Trumpf

«Wag the dog» könnte man die Mechanik nach dem gleichnamigen Film nennen. Wenn wichtige Themen anstehen, die für den Staat unangenehm werden können, muss er mit seinen medialen Partnern einfach andere Dinge hochschaukeln – und die dumbe Masse spielt mit. Hier einige Beispiele.

Die Verfassung wird dieses Jahr 175. Grosses Jubiläum. Allerdings haben wir sie in den letzten drei Jahren mit Füssen getreten. Sollen wir darüber sprechen?

Der Bildungsrückstand unserer Kinder nach Jahren mit mehreren «Home schooling»-Phasen, das psychische Befinden unserer Jüngsten nach der Massnahmenkaskade der Vergangenheit: Sollen wir darüber sprechen?

Ruinierte Existenzen, gut gehende Gastrobetriebe und Kulturveranstalter, die in die Knie gezwungen wurden durch unnötige Schliessungen und Einschränkungen: Sollen wir darüber sprechen?

Nein, bitte nicht. lasst uns das alles vergessen. Das wünscht sich der Staat, der das alles angeordnet hat. Und dabei helfen ihm die Medien, die das alles nach Kräften unterstützt haben.

Und damit man nicht darüber sprechen muss, gilt es, alle möglichen Nebenschauplätze zu bespielen. Dinge, die viel, viel wichtiger sind gerade. Zum Beispiel an diesem Sonntag, 8. Januar 2023.

Ein paar Beispiele gefällig?

Mehr davon? Kostenlos? Das gibt es. Dank Ihrer freiwilligen Unterstützung.

nau.ch stellt einen Mitarbeiter vor, der beim «Dry January» auf Alkohol verzichtet. Als Topstory. Ausserdem im Angebot: «Luca Hännis Verlobte wird nackt in Garderobe erkannt». Dann ein paar Auszüge aus der Biografie von Prinz Harry. Die Wetterprognose mit den Schneeaussichten. Und ein Erdbeben auf dem Inselstaat Vanuata, wo auch immer das ist.

watson.ch informiert uns, welche Feiertage die verschiedenen Kantone haben. Ausserdem gibt es in der Schweiz weniger Ladestationen für E-Autos als anderswo. Dann gibt es noch «19 lustige Vorher-Nachher-Bilder» von Paaren mit Kindern. Und natürlich werden wir auch hier in Kenntnis gesetzt, wie tief runter es in den nächsten Monaten schneit.

blick.ch setzt uns in Kenntnis vom durchschnittlichen Vermögen der Nidwaldner. Und sagt uns, wo Ski-Ass Marco Odermatt seinen Sieg feiert. Ein Fussballspieler, von dem ich noch nie gehört habe, wurde am Flughafen mit Kokain erwischt: Offenbar ist er ein «Star». Auf einer Ski-Piste in Ischgl herrschte Stau. Eine Tragödie.

«20 Minuten» informiert uns über Ungereimtheiten in der TV-Sendung «Höhle der Löwen». Was es kaum tun würde, wenn der entsprechende TV-Sender nicht vom Konkurrenten CH Media betrieben würde, sondern von Tamedia, dem «20 Minuten» gehört. Cathy Hummels «schummelt bei Blütel-Bild», erfahren wir weiter, wobei das vermutlich «Blüttel» heissen sollte und mir niemand einfällt, der unwichtiger ist als Cathy Hummels.

Aber nun sind wir alle schlauer. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben wurden enthüllt. Mein Dank geht an die unermüdlichen Journalisten der grossen Verlagshäuser.

Danke für Ihren Beitrag an meine Arbeit.